02/2024

Wir halten Wache. Wir wachen darüber, uns gegenseitig Raum geben. Wachen als Fest eines Übergangs. Der Februar war ein Monat der Wiedergeburt. Das Haus öffnete seine Türen und seine Fenster, die nun wie große Augen auf die Stadt blicken. Nach zwei Monaten endotischer Forschung und Büroarbeit hat das Programm der Villa Romana wieder begonnen, und wir begrüßen die neuen Villa Romana-Peisträger*innen in unserem House for Mending, Troubling, Repairing: Ruben D'Hers, Tuli Mekondjo, Monai de Paula Antunes, Sergio Zevallos.

Es war der Beginn eines neuen Zyklus. Ein Zyklus, der mit der Notwendigkeit des Innehaltens und der Anerkennung von Trauer begonnen hat; mit der Notwendigkeit, sich zu sammeln und gemeinsam aufzuwachen. Wir leben in äußerst komplexen und schmerzhaften Zeiten, in denen wir als Künstler*innen und Kulturschaffende den Drang verspüren, uns angesichts der Gräueltaten, deren Zeuge wir durch die Medien sind und die alltäglich werden, zu mobilisieren. Vor diesem Hintergrund startete Villa Romana ihr Programm 2024 mit Notes on the Wake. Rhapsody and Lamentations in Three Acts: eine eindringliche und bewegende Ausstellung, die von unserer Kollegin Mistura Allison kuratiert wurde und die Teil des reichhaltigen Programms des Black History Month Florence 2024 ist – in diesem Jahr konzentriert sich die Initiative auf das Thema Whole Rest und entfaltet sich als Reflexion und

als „Reaktion auf die Müdigkeit, die sich aus dem Umgang mit einer gewissen kulturellen Unsensibilität ergibt, bei der marginalisierte Gemeinschaften oft ihre Existenz verteidigen müssen, während ihre kulturellen Produkte für Wissen, Profit und Macht extrahiert und ausgebeutet werden“, wie Justin Randolph Thompson schreibt. Notes on the Wake wurde am 16. Februar eröffnet, und einige inspirierende Künstler*innen nahmen daran teil: Leo Asemota, Lerato Shadi und Helena Uambembe. In Zusammenarbeit mit Christina Sharpe schlägt die Ausstellung „Wake Work“ als einen Ort der künstlerischen Produktion, des Widerstands, des Bewusstseins und der Möglichkeiten für ein Leben in der Diaspora vor und bietet eine Reflexion über einen Weg nach vorn. Gemeinsam.  

Der Tag der Eröffnung war für uns in vieler Hinsicht bedeutungsvoll. An diesem Tag ereignete sich ein tragischer Unfall auf einer Baustelle hier in Florenz, bei der fünf Menschen ihr Leben verloren. Einige kulturelle Einrichtungen in der Stadt setzten ihr Programm als Zeichen des Respekts aus. Wir beschlossen stattdessen, die Opfer des Unfalls symbolisch zu umarmen und auch für sie zu wachen, während wir aller Opfer der aktuellen grausamen Konflikte in der Welt gedachten, vor allem der Kinder, der Frauen, all der Menschen, die ihr Leben auf gewalttätige Weise verlieren und die geschützt werden sollten. Die Performances von Naomi Kelechi Di Meo, Leo Asemota und Helena Uambembe haben uns geholfen, das Unaussprechliche in Worte zu fassen. Wir sind dankbar für ihre Präsenz und ihr freundliches Miteinander. Wir haben bereichernde Abende und Tage miteinander verbracht (aber wir hatten auch dramatische Momente, als wir mit dem Auto im wahrsten Sinne des Wortes im Schlamm stecken blieben, als wir Material für die Ausstellung besorgten).

Unsere Überlegungen und kollektiven Praktiken wurden von den Menschen – Künstler*innen, Akademiker*innen und Kulturschaffenden -, die während ihrer Teilnahme am Projekt Like Swarming Maggots zum Leben der Villa beitrugen, weiter angeregt: Als zusätzliche Möglichkeit, Raum und Kontext für unsere neuen Preisträger*innen zu öffnen, veranstalteten wir am Samstag, den 17. Februar, ein Workshop-Programm, das von der Künstlerin Alessandra Ferrini ins Leben gerufen wurde und ein vom Italian Council finanziertes Publikations- und Forschungsprojekt vorstellte: anlässlich der Eröffnung von Alessandras Ausstellung Unsettling Genealogies im Museo del Novecento in Florenz präsentierten Tewa Barnosa (für einen Monat Gastkünstlerin in der Villa Romana), Niccolò Acram Cappelletto, Amalie Elfallah und Sarri Elfaitouri ihre Forschungsprojekte und untersuchten gemeinsam mit uns Archivierungspraktiken zwischen Libyen und Italien.  Im Rahmen der Workshops wurde auch das gleichnamige Publikationsprojekt vorgestellt, das Alessandra Ferrini in Kürze bei der unabhängigen Verlagsplattform Archive Books und in Zusammenarbeit mit der Villa Romana dank der großzügigen Unterstützung durch den Italian Council herausgeben wird. Mehr dazu demnächst!

Im gesamten Monat gab es zahlreiche Gelegenheiten, die neunte Ausgabe des Black History Month Florence und das vom Recovery Plan und seiner Gemeinschaft zusammengestellte Programm zu feiern: wir waren Gastgeber eines denkwürdigen Abendessens mit internationalen Gästen, die an der YGBI Residency und dem Retreat-Projekt Repose as Resistance teilgenommen haben, wir reaktivierten die Tradition des Healing Lunch am Sonntag und arbeiteten mit an der Eröffnung der Einzelausstellung Le Code Noir von Hamedine Kane, derzeitiger Villa Medici-Stipendiat.

Wir vermissten unsere Preisträgerin Tuli Mekondjo, die sich seit Wochen durch die komplizierte Bürokratie ihres Visumsantrags in Namibia quält und ihre Ankunft in Florenz verschieben musste. So gut wie möglich unterstützen wir sie bei den verschiedenen Schritten des Visumprozesses, aber natürlich ist sie diejenige, die einen sehr anstrengenden Weg gehen muss, nur um das Recht zu erhalten, zu reisen und ihre Residenz hier zu beginnen. In weniger als zwei Wochen wird sie endlich ankommen, und wir wollen ihr viele der Energien widmen, die wir mit der BHMF's Whole Rest gewonnen haben!

Es scheint unmöglich zu sein, die vielen bereichernden Reflexionen und transformativen Momente, die wir in dieser neuen Saison in der Villa Romana erleben durften, hier wiederzugeben. Wir sind den Preisträger*innen und allen Gastkünstler*innen dankbar; denjenigen, die kurz hier waren, und denen, die länger geblieben sind, wie der Künstlerin und Kuratorin Tewa Barnosa und der Künstlerin Helena Uambembe. Beide reisen nach einem Monat in der Villa Romana ab, um Platz für die neuen Gäste zu schaffen, die in diesen Tagen ins Haus gekommen sind, Zineb Achoubie und Lorenzo Sandoval. Sie bewohnen nicht nur das Haus und konzentrieren sich auf ihre individuellen Praktiken und Forschungen, sondern halten auch gemeinsam mit unseren Preisträger*innen 2024 Raum und unterstützen uns darin, ihnen ein Zuhause zu geben. Das Gleiche taten die Künstler*innen Niccolò Moronato, Alice Jasmine Crippa und Prince Ebo Esford, die einige Tage in der Villa verbrachten, um das bald anstehende Projekt Trattoria Guaiana vorzubereiten, eine multisensorische Erfahrung und ein Projekt, das von der Geschichte des verlassenen Kolonialprojekts der Medici in der heute als Französisch-Guayana bekannten Region im Jahr 1608 inspiriert ist.  Mit ihnen haben wir die Zusammenarbeit mit verschiedenen unabhängigen künstlerischen Initiativen vor Ort aufgenommen, darunter Lottozero in Prato, Fondazione Bisonte in Florenz und Bitossi in Montelupo Fiorentino. Wir freuen uns darauf, bald mehr mit Ihnen zu teilen und Ihnen einen Platz für eines der kommenden Abendessen in der Trattoria zu reservieren!

In der Zwischenzeit erwarten wir Sie in der Villa: Sie haben bis zum 31. März Zeit, unsere aktuelle Ausstellung zu besuchen (Mi-Fr, 10 bis 19 Uhr)! Und Sie sind herzlich eingeladen, die neuen Preisträger*innen und die Künstler*innen, die zurzeit im Haus leben, kennenzulernen, den ganzen Monat über sind unsere Türen für Sie geöffnet. Am letzten Märzwochenende stellen unsere Gäste Zineb Achoubie und Lorenzo Sandoval ihr Projekt Acous/Eco/Oikos vor - eine langfristige künstlerische Forschung, die zu einer Reihe von Textilien und modularen Geräten führen wird, um Räume der Begegnung zu schaffen, die sich mit Akustik, Häuslichkeit und Kreislaufwirtschaft befassen.  

Wir freuen uns außerdem, Sie am 20. März zu einem Vortrag von Matteo Pasquinelli einzuladen, der in Zusammenarbeit mit Tiziano Bonini Baldini und dem Fachbereich für Sozial-, Politik- und Kognitionswissenschaften der Universität Siena organisiert wird: Pasquinelli, Autor von The Eye of the Master - A Social History of Artificial Intelligence (Verso), ist seit November 2023 Professor für Wissenschaftsphilosophie an der Abteilung für Philosophie und Kulturerbe der Universität Ca' Foscari in Venedig, wo er das ERC-Forschungsprojekt AIMODELS koordiniert. Wir freuen uns sehr, ihn in Florenz zu begrüßen und einen Runden Tisch zusammen  unserer Preisträgerin Monai de Paula Antunes, dem Künstler Lorenzo Sandoval und anderen Gästen auszurichten.

Die Saison ist eröffnet, und der Frühling klopft an unsere Türen - und bringt uns viele wunderbare Blumen und Geschenke!

Stay tuned ☺


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¹  Justin R. Thompson, “Black History Month Florence 2024”, in The Florentine, 29 Jan 2024: https://www.theflorentine.net/2024/01/29/black-history-month-florence-3/
²  Christina Sharpe, In the Wake: On Blackness and Being, 2016, Duke University Press.

(Nach-) Wort
von Mistura Allison

Das Wort dieses Monats ist Wachen*.


Das Wort dieses Monats ist Wachen*.

Das Wachen fängt das Paradox von Bewegung und Unbeweglichkeit ein und reflektiert den Schwebezustand von Sehnsucht, Erinnerung und Erwartung, der die Diaspora ausmacht.

Das Wachen wird vom House for Mending, Troubling, Repairing veranstaltet.

Wachen ist eine Meditation über das statische Rauschen der Erinnerung, über die Art und Weise, wie die Vergangenheit in der Gegenwart nachhallt, und über die stillen Echos, die die Konturen der Diaspora-Identität formen. Es ist ein Gespräch mit der Zeit, mit dem Verlust und mit dem Selbst, das wir in uns tragen und dem, das wir zurücklassen.

Das Wachen ist ein Chor freudiger Klagen, angeführt von unabhängigen schwarzen Frauen, die uns ermahnen, weiterhin Zeugnis abzulegen, weiterhin gesellige und gemeinschaftliche Dörfer zu bilden.

Das Wachen ist pluralistisch.

*vielen Dank an Christina Sharpe.

SAVE THE DATE!

**bis zum 30. März 2024

Notes On The Wake. Rhapsody and Lamentations in Three Acts


Öffnungszeiten für Besucher*innen: Dienstag-Freitag, von 10 bis 18 Uhr

Die Ausstellung ist eine kritische Einladung zum Trauern und Ausruhen in drei Akten, durch die Praktiken von Leo Asemota, Lerato Shadi und Helena Uambembe.

Kuratiert von Mistura Allison, im Rahmen von Whole Rest, der neunten Ausgabe des Black History Month Florence.

Den ganzen Monat über öffnen wir unsere Türen, um Ihnen die verschiedenen Forschungsprojekte im Haus vorzustellen. Am letzten Märzwochenende stellen unsere Gäste Zineb Achoubie und Lorenzo Sandoval ihr Projekt Acous/Eco/Oikos vor - eine langfristige künstlerische Forschung, die zu einer Reihe von Textilien und modularen Geräten führen wird, um Räume der Begegnung zu schaffen, die sich mit Akustik, Häuslichkeit und Kreislaufwirtschaft beschäftigen.  

* Mittwoch, 20. März 2024

Intelligences  of the Natural, the Artificial and the Social: A Decolonial Perspective/ Intelligenzen des Natürlichen, des Künstlichen und des Sozialen: Eine dekoloniale Perspektive
19.00 – 20.30

Wir freuen uns, Sie auch zu einem Vortrag von Matteo Pasquinelli einzuladen, der in Zusammenarbeit mit Tiziano Bonini Baldini und dem Fachbereich für Sozial-, Politik- und Kognitionswissenschaften der Universität Siena organisiert wird: Pasquinelli, Autor von The Eye of the Master - A Social History of Artificial Intelligence (Verso), ist seit November 2023 Professor für Wissenschaftsphilosophie an der Abteilung für Philosophie und Kulturerbe der Universität Ca' Foscari in Venedig, wo er das ERC-Forschungsprojekt AIMODELS koordiniert. Wir freuen uns sehr, ihn in Florenz zu begrüßen und einen Runden Tisch mit unserer Preisträgerin Monai de Paula Antunes und dem Künstler Lorenzo Sandoval und anderen Gästen zu veranstalten.

 PERIOD!
 von Maike Wild

Evergreen-Rezepte
von Claudia Fromm

Brennessel-Omelett mit Kletten-Labkraut

Die häufigsten essbaren Wildkräuter in diesen Wochen bei uns im Garten sind Urtica dioica und Gallium aparine. Ihre heilende Wirkung wird bereits in den Schriften von Plinius dem Älteren erwähnt, und sie eignen sich hervorragend für die Küche, zum Beispiel zur Zubereitung eines schmackhaften und nahrhaften Omeletts!

Zutaten:
300 g junge Brennessselblätter
15-20 junge Triebe Kletten-Labkraut
3 Schalotten
5 Eier
40 g Parmesankäse zum Reiben
Salz
Pfeffer
Natives Olivenöl extra

Zubereitung:

Für die Zubereitung der Brennnesseln Latexhandschuhe anziehen. Die Brennesselblätter und die Labkraut-Triebe in kaltem Wasser einweichen, gründlich waschen und gut abtropfen lassen. Die Brennnesselblätter einige Minuten lang blanchieren und dann zusammen mit den Labkraut-Trieben in den sautierten Schalotten kurz anbraten.
Die Eier in einer Schüssel mit etwas Wasser aufschlagen und mit Salz und Pfeffer würzen. Den geriebenen Parmesankäse hinzufügen und verquirlen.
Die Eier über das Gemüse gießen und alles miteinander vermischen, die Eier in der Pfanne gleichmäßig verteilen. Mit einem Deckel abdecken und ca. 8 Minuten garen lassen, dann das Omelett mit Hilfe des Deckels wenden und die andere Seite weitere 4 Minuten zugedeckt garen lassen. Wenn die Masse eine dickere Konsistenz und eine dunklere Farbe hat, können Sie das Brennnessel-Labkraut-Omelett auf Tellern anrichten und warm oder kalt servieren.

Guten Appetit!

PEPITE - Sonic Nuggets
aus dem Archiv von Radio Papesse

A walk through my Cũcũ's farm der fantastischen Komponistin Nyokabi Kariũki, ein kurzes Klangstück in Kisuaheli und Kikuyu - präsentiert beim Lucia Festival 2021 - das uns durch Githũnguri, Kenia, auf die Farm von Nyokabis Großeltern führt. Die Erzählerin ertappt sich dabei, dem Boden, den Blumen, Früchten, Blättern, Vögeln, Kühen, mehr Aufmerksamkeit zu schenken, als den Sprachen, die sie mit ihrer Großmutter spricht. Es scheint, als ob die Zwischenräume zwischen den Avocadobäumen, die Stille zwischen den Gesprächen und die Geräusche der Natur sie lehrten, diese kleinen Momente mit der Familie zu genießen.  Hier können Sie das Stück mit Untertiteln anhören: https://www.luciafestival.org/it/lavoro/a-walk-through-my-cucus-farm/

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