TESTING GROUNDS / SEEDING WORLDS

Testing Grounds (Testfelder) versteht den Garten der Villa Romana als einen Ort experimenteller künstlerischer Forschung und Praxis, der Intensivierung aktivistischer Bezüge für den Zugang zu und das Wohlergehen von Land und für den Austausch ortsbezogener ökopädagogischer Konzepte der Sorge und Heilung. Durch eine Reihe verschiedener Aktivitäten und Momente erarbeiten wir den Garten als Ort von agrarökologischen Praktiken, die auf kollektiver Fürsorge sowie generationenübergreifendem und artenübergreifendem Wissen basieren. Wir wollen die Co-Kultivierung des Gartens durch das Villa Romana-Team und die interessierten Künstler*innen fördern, sowie Biodiversität und nachhaltige Regenerationspraktiken unterstützen.

Wir sind uns des Privilegs bewusst, Zugang zu einem großen blühenden und üppigen Grundstück zu haben. Wir versuchen, diesen Raum zu nutzen, um den Stimmen derjenigen Gehör zu verschaffen, die sich für Widerstand gegen die Zerstörung der Umwelt einsetzen und marginalisiertes Wissen über Natur am Leben erhalten möchten. Auf diese Weise werden wir versuchen, die Zusammenarbeit und den Dialog mit den Diaspora-Gemeinschaften in Florenz aufzubauen, um die Kraft des Gartens zu fördern, Mensch und Natur zusammen zu bringen.

In Koordination mit den poetischen, experimentellen und radikalen Praktiken von Künstler*innen, die mit der Kultivierung von Land und Natur arbeiten, wird der Garten zu einem Ort des langsamen Lernens und Verlernens mit Pflanzen, Menschen und anderen Lebensformen und ihrer jeweiligen Weltbildung. Das Programm beginnt damit, langsam aus der bereits vorhandenen Vielfalt zu lernen und die Dynamik des Gartens als Ort zu verstehen, der seit Jahrzehnten entsteht, als Boden, der seit Hunderten von Jahren geschaffen und neu gestaltet wird. Basierend auf einer ökologischen Studie von Isabella Devetta haben wir mit Isabella gemeinsam einen Heilgarten angelegt, der als kollektive Ressource dienen kann. Wenn Sie an der laufenden Pflege des Gartens der Villa Romana teilnehmen möchten, setzen Sie sich bitte mit uns in Verbindung.

Wachsend

Das Konzept des "lebenden Rezeptbuchs" zielt darauf ab, durch die gemeinsame Zubereitung von Speisen und den damit einhergehenden Austausch von Erinnerungen, eine Stärkung der diasporischen Gemeinschaften der Anden zu fördern. Dabei wird auf die tiefgreifende und vitale Verbindung zu Land und diasporischer Kultur in der Toskana sowie auf die Verbindung zum Rhythmus der Erde in der Quechua-Kultur zurückgegriffen.

Daniela Zambrano Almidón hat indigene Mais-, Chili- und Süßkartoffelsorten gepflanzt, die im Garten der Villa Romana verteilt sind. Diese Pflanzen werden in gemeinschaftliches Lernen, Essen und Feiern der Quechua-Gemeinschaft einfließen, „wo die Hauptdarsteller die Gerichte unserer Großmütter sind und wo Erinnerungen unsere Verbindung zu unserem Land und zu unseren Geschwistern wiederbeleben, die zurückgeblieben sind, um unsere großartige Mutter zu verteidigen“. Das Projekt endete in einem Pachamanca, einer kollektiven Mahlzeit, die in einem unterirdischen Erdofen zubereitet wird.

Die Idee des "lebenden Rezeptbuchs" basiert auf der Annahme, dass Momente des Teilens, die auf dem quechuanischen Konzept von Ayni als Praxis der Gegenseitigkeit und Vernetzung basieren, dazu beitragen können, affektiv und politisch eine Verbindung zum Land für migrantische Familien wieder aufzubauen und diese auch in Zukunft aufrechtzuerhalten. Des Weiteren, thematisiert das Projekt die Kolonialisierung von Land, Menschen und Pflanzen durch die Transplantation von Mais und Tomaten aus den Anden nach Europa, insbesondere in die Region um Florenz, sowie den damit einhergehenden Verlust von Erinnerungen, die mit diesen Pflanzen verbunden sind.

Daniela Zambrano Almidon ist eine peruanische Quechua-Forscherin und Interdisziplinär arbeitende Künstlerin mit Erfahrung in künstlerischen Projekten und Forschungen zur Populärkultur der Anden-Amazonien in Peru, zu Migration, Interkulturalität und Erinnerungskultur. Sie hat einen Bachelor in Plastischer und Bildender Kunst von der Escuela Nacional Superior Autónoma de Bellas Artes del Perú und einen Master aus dem Programm „Kunst im Kontext“ an der Universität der Künste in Berlin. Im Jahr 2023 nahm sie an der Singapur Biennale teil. Sie ist an zahlreichen Projekten beteiligt, die auf partizipativen Praktiken, künstlerischer Forschung sowie Interventionen im öffentlichen Raum und in Museumseinrichtungen basieren: Seit 2011 arbeitet sie mit dem EnredLanita Project an der Erforschung von Textilkunst. Sie ist Direktorin des Projekts „Tejiendo Caminos“, eines dezentralen interkulturellen Kunstprojekts, das 2014 zusammen mit Gemeinorganisator*innen, regionalen Umweltaktivist*innen und Künstler*innen gegründet wurde. Sie ist auch Gründerin des Ashlanqueras Collective, einem Labor für Interventionen im städtischen öffentlichen Raum in Lima. In Berlin arbeitet sie an Projekten des Kulturmanagements, der Vermittlung, der interkulturellen Pädagogik und der partizipativen Kunst.

Orto Continuo

Als Reaktion auf die Vertreibung chinesischer Bauer*innen von ihren Farmen in Prato bringt Orto Continuo Pflanzen aus diesen Farmen zusammen, die gewaltsam zerstört wurden oder die ständig in der Gefahr sind, beschlagnahmt zu werden. Das Projekt soll den demagogischen Kreislauf institutioneller und medialer Gewalt aufdecken, der dieser Praxis zugrunde liegt. Das Projekt untersucht, wie Behörden und Medien die Kultivierungspraktiken von migrantischen Gemeinschaften als “invasiv” darstellen, parallel zur gewaltvollen Konstruierung von Andersartigkeit und Alterität von „invasiven“, „fremden“ Pflanzen in Italien.

Die Installation ist Teil einer größeren Forschungsarbeit, in der Leone Contini die Landwirtschaft in verschiedenen Gemeinden untersucht hat, die ein diasporisch-biokulturelles Gedächtnis am Leben erhalten und Grundnahrungsmittel herstellen — von chinesischen Landwirten in der Toskana über die bengalische Landwirtschaft rund um Palermo bis hin zu den Arbeitergärten in Lyon, wo die Artenvielfalt aus verschiedenen Regionen seit Jahrzehnten zusammenlebt. Auf diese Weise schafft der Orto Continuo einen Raum für ein kreatives Zusammenleben der Geschichten und Bewegungen der Pflanzen und ihrer Bewahrer.

Leone Contini studierte Philosophie und Kulturanthropologie an der Universität Siena. Sein Forschungsschwerpunkt bewegt sich an der Schnittstelle von Anthropologie, Ästhetik und Politik. Zu seinen Medien gehören lecture performances, kollektive Interventionen im öffentlichen Raum, textuelle und visuelle Erzählungen und Zeichnungen.

Seed Bunch

Seed Bunch ist ein samenzentrierter Garten und eine performative Saatgutbibliothek. Durch die Einrichtung eines Gartens in der Villa Romana, der rund um die Zyklen und den Austausch von Samen konzipiert wurde, machen wir uns die ontologische Relationalität des Samens zu eigen. Das Sammel-, Lager- und Verteilungssystem, die Saatgutbibliothek, manifestiert sich in regelmäßigen Abständen rund um den Garten, bei denen die verschiedenen Zyklen der beteiligten Arten beobachtet werden. Indem wir das Gärtnern auf Samen ausrichten, versuchen wir, eine transversale Beziehung zwischen Mensch und Umwelt herzustellen, in der die menschliche Handlungsfähigkeit nicht als formaler technischer Prozess zum Ausdruck kommt, sondern sich dynamisch in und zusammen mit dem Garten entwickelt. Über ein anthropozentrisches und eurozentrisches Verständnis von Archiven und Infrastrukturen hinausgehend, erarbeiten wir diese lebendige Bibliothek durch regelmäßige material-diskursive kollektive Momente, die sich auch mit der ambivalenten Bedeutung von Samen auseinandersetzen. Samen stellen sowohl den Anfang als auch das Ende von (Lebens-)zyklen dar. Ästhetisch wird der Garten so zu einem kraftvollen und umfassenden Schauspiel von Freiheit, Verstrickung, Kooperation und Co-Kultivierung heranwachsen. Wir hoffen, dass ähnliche Gärten an verschiedenen Orten entstehen, sodass aus dem Seed Bunch ein translokales Netzwerk der Saatgutpflege und des Samenaustauschs wird.

Seed Bunch ist tief geprägt von der Arbeit der Künstlerin Zayaan Khan zum Verständis von Samen nicht als Objekte sondern als Beziehungen. Der Garten wurde mit Leone Contini entwickelt und mit der Villa Romana-Preisträgerin Monai de Paula Antunes entworfen. Im ersten Jahr seiner Bewirtschaftung wächst der Garten aus Saatgutspenden der Künstler*innen Marleen Boschen, Katia Colaianni, Leone Contini, Jermay Michael Gabriel, Gabriella Hirst, Antje Majewski, Monaí de Paula Antunes, Åsa Sonjasdotter, Daniela Zambrano Almidón.

Seed Bunch ist eine wachsende kollektive Initiative, die sich der Förderung des Austauschs und Storytellings rund um Samen widmet. Interessierte sind eingeladen, sich unter office@villaromana.org zu melden, um entweder an persönlichen Veranstaltungen oder aus der Ferne über unsere Social Media-Gruppe an den Aktivitäten teilzunehmen.

Reparieren

Heilgarten

Wie kann ein Künstlerhaus zu einem Ort für gemeinschaftliches Heilen und Lernen von Pflanzen werden? Ausgehend von der bereits existierenden Biodiversität im Garten der Villa Romana haben wir einen medizinischen Garten geschaffen: einen Heilgarten für die menschlichen und nichtmenschlichen Bewohner*innen der Villa. Mit dem Expertenwissen der Agronomin Isabella Devetta haben wir die Biodiversität des Gartens beobachtet und die bereits existierenden Pflanzen mit medizinischen Eigenschaften bestimmt. Im Sommer 2023 haben wir zusammen mit den ansässigen Künstler*innen und den vielen eingeladenen Gästen und Künstler*innen er Villa eine Pflanzenliste und einen Entwurf für eine Gemeinschaftsapotheke entwickelt. Wir untersuchen die Gründe, die uns dazu bringe, uns an Pflanzen zu wenden — Stress, Angst, Schmerzen, Verdauung, Schlaf — und wollen einen Raum schaffen, der sowohl eine ästhetische Erfahrung von Zugehörigkeit als auch einen Raum für kollektive Zusammenkünfte und praktisches Lernen von Pflanzen und Menschen mit pflanzenmedizinischen Kenntnissen schafft. Seit Frühjahr 2024 nutzen wir diesen Garten aktiv, und teilen Wissen rund um die Pflanzen mit dem Publikum und den Besuchern der Villa Romana.

In sozialen Netzwerken teilen

Träger der Villa Romana und des Villa Romana-Preises ist der Villa Romana e.V.
Hauptförderer ist die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien
Weitere Förderer sind die Deutsche Bank Stiftung, die BAO-Stiftung sowie projektbezogen zahlreiche Privatpersonen, Unternehmen und Stiftungen aus der ganzen Welt.

Das Kunsthistorische Institut in Florenz – Max-Planck-Institut (KHI) bietet eine kontinuierliche institutionelle Zusammenarbeit an und führt jährlich eine Forschungsarbeit mit einem der Villa-Romana-Preisträger*innen durch.

Villa Romana e.V. wird gefördert von:

Keine Artikel gefunden.